2026
Fastnachts-Lust
Operá-Ballet von Johann Christoph Schmidt (1664-1728)

Johann Christoph Schmidt/ Maria Aurora von Königsmarck
„Fastnachts-Lust“
Opera-ballet
Dr. Reiner Zimmermann (Musikschätze aus Dresden e.V.)
Es war seit Gründung der Hofkantorei 1548 in Dresden Brauch, das Beste aus der Kunst der Musiknationen, zuerst aus Italien, dann aus Frankreich und unter Zusatz von Elementen deutscher, polnischer und böhmischer Herkunft in einem „vermischten Stil“ zu präsentieren, der z.B. für die Hofkapelle unter Johann Adolf Hasse in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts bestimmend war. Schon beim ersten Versuch, aus der Opern- und Ballett-Tradition des Dresdner Hofs in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts eine neue Gattung, das Opera-ballet, zu formen, werden Elemente der italienischen Opera und des französischen Ballet gemeinsam mit Ausschnitten aus der italienischen Commedia dell’arte und der französischen, von Italien inspirierten Comédie-Italienne verbunden. Am 19. Februar 1697 vermerkt das Hofjournal eine abendliche Redoute, also einen Maskenball zum Karneval im „BeÿSaal über dem SchießHauß“ und notiert eine Aufführung: „ein klein Opera Ballet und ein Nachspiel in Franzö[s]i[scher]. Sprache“, ausgeführt von »Dames und Cavaliers« der Hofgesellschaft. Es handelte sich um drei kürzere Auftritte, in denen ein Liebhaber seine nicht erwiderte Liebe beweint, von der Hoffnung bestärkt und der Eifersucht wegen der Untreue der Geliebten gequält wird, bis die Allegorie der Freude im 3. Auftritt die Bedenken des armen Liebhabers beiseite wischt und in der Fastnacht zum Tanz, als zentralem Festelement, zu Ehren des Siegers im Kampfe aufruft: ein eindeutiger Hinweis auf den starken fürstlichen Feldherrn August, dessen Faust “so getrozet hundert tausend Mann«. Im 4. Auftritt, dem „Französischen Nachspiel“, stellen Harlequin und seine „Italiänische Bande« französischen Szenen aus der Komödie »La fille Sçavante« von Nolant de Fatouville vor, die 1690 in Paris uraufgeführt wurde und in Dresden bekannt war. Die beiden Hauptpersonen verkörpern zum einen eine weibliche Gelehrte, welche die Ehe verabscheut, die andere eine kampflustige Amazone. Sie argumentieren für und gegen die Ehe, in der der Mann als Leidtragender der Ehe-Institution als notwendiges Übel angesehen wird. Ausgewählt wurden Verkleidungs- und Travestieszenen, in denen Harlequin als vorgeblich trauernde Witwe auftritt und eine der Protagonistinnen beim Militär anheuert. Im Ganzen spitzen die Szenen den Liebhaber-Konflikt der vorherigen Auftritte zu. Dass nach den Komödienszenen »die Masquen abermahls einige Entreen« darbieten, weist auf die enge Verbindung von Musik und Tanz hin, die für alle Hoffestlichkeiten zu dieser Zeit typisch war. Mit einem abschließenden Grand Ballet ging die Komödie in den realen Hofball des Karnevals vom 19. und 21. Februar 1697 über. Der junge Kurfürst Friedrich August I., vom Juli 1695 bis September 1696 Oberbefehlshaber des kaiserlichen Heeres im Großen Türkenkrieg, war im Dezember 1696 aus Ungarn über Wien mit einer neuen Maitresse aus Österreich, Gräfin Maximiliane Esterle, nach Dresden zurückgekehrt und wandte sich damit von seiner ersten Maitresse en titre, der klugen, hoch gebildeten Dichterin und Lautenvirtuosin Maria Aurora von Königsmarck (1662-1728) ab. Diese hatte, nur wenige Monate vor der Aufführung der „Fastnachts-Lust“ am 28. Oktober 1696 im Alter von 34 Jahren in Goslar dem Kurfürsten einen Sohn, Moritz von Sachsen (»Maréchal de Saxe«) geboren. Mit der Ankunft der neuen Favoritin war Maria Aurora von Königsmarck vor der Hoföffentlichkeit diskreditiert. Während das gedruckte Textbuch lediglich den Kurfürsten als Veranstalter des „prächtige Carnevals“ nennt, weist eine Kopie der Partitur die Gräfin von Königsmarck als Autorin des Textes aus, neben dem Hofkapellmeister Johann Christoph Schmidt als Komponisten. Sehr wahrscheinlich nutzte sie die Gelegenheit, durch ein intelligentes Spiel mit vertauschten Rollen dem untreuen Liebhaber ihrerseits einen Spiegel vorzuhalten. Aus den auffälligen Parallelen zwischen dem Sujet und ihrer damaligen Situation am Dresdner Hof kann man schließen, dass die Gräfin für die Konzeption des Stückes verantwortlich war und auchdie Auswahl der Szenen aus „La Fille sçavante“ bestimmt hatte. So boten diese Geschehnisse die Vorlage für den zentralen Konflikt der „Fastnachts-Lust“, womit das Stück als eine autobiografische Projektion, und zwar in umgekehrter Geschlechterkonstellation, aufzufassen ist. Eine solche Umkehrung könnte freilich mit dem Ziel erfolgt sein, das ansonsten allzu Offensichtliche zu verdecken, wobei die Hofgesellschaft diese Situation trotzdem ausführlich kommentiert haben wird. Mit anderen Worten: Das Stück in seiner stilistischen Vielfalt ist eine kluge Abrechnung einer klugen Frau unter Nutzung der damals bekannten künstlerischen Mittel.
Erste internationale Wiederaufführung aus dem Musik-Barockerbe Dresdens. Das Opernballett „Fastnachts-Lust“ (1697) von Johann Christoph Schmidt, Hofkomponisten Augusts des Starken, nach einem Libretto von Maria Aurora von Königsmarck ist eine bedeutende musikwissenschaftliche Wiederentdeckung. In Zusammenarbeit mit „Musikschätze aus Dresden e.V.“ mit Texte von Amal Reich, die auch die Regie übernimmt - wird sie im September 2026 stattfinden.
"Fastnachts-Lust"
Opera-Ballet
Musik: Johann Christoph Schmidt (1664–1728)
Libretto: Maria Aurora von Königsmarck (1662–1728)
Theatertexte & Regie: Amal Reich
La Compagnia Sassone
Wir suchen Sänger für die vier Rollen (Termine 12-26 September 2026)
Der Liebhaber (Tenor)
Die Hoffnung (Sopran)
Die Eifersucht (Sopran)
Die Freude (Sopran)
Aurora von Königsmarck (Schauspielerin)
Das Lausitzer Barockensemble
2 ersten Geigen, 2 zweite Geigen, 2 Oboe, 2 Viola da Gamba, Barockcello, Cembalo, Theorbe
Johann Christoph Schmidt (Composer)
Born: August 6, 1664 - Hohnstein, near Pirna, Germany
Died: April 13, 1728 - Dresden, Germany
The German composer, Johann Christoph Schmidt (i), was son of the Hohnstein Kantor Johann Christian Schmidt (d 1690), he became a chorister in 1676 at the court chapel in Dresden where, at the request of the elector Johann Georg III, he was taught by Christoph Bernhard. He later became an instrumentalist in the court orchestra. In 1687 he was appointed master of the choristers and in 1692 second organist. He went to study in Italy in 1694, with support from the elector, and in 1696, on the recommendation of Nicolaus Adam Strungk, the Dresden court Kapellmeister, became his deputy Kapellmeister and chamber organist. Soon after, N.A. Strungk left for Leipzig and Schmidt was appointed principal Kapellmeister on June 19, 1698. During the rule of August the Strong (1694–1733) the court Kapelle served both as the Saxon electoral and Polish royal orchestra, and had extensive duties in Dresden, Kraków and Warsaw; Schmidt was its director and as Kapellmeister also had responsibility for the Protestant church music at court. In addition, he was director of the Catholic church music until 1717, when he gave that task to Johann David Heinichen. During Schmidt’s term as director the Dresden orchestra became one of the most renowned in Europe owing to its many distinguished players, who around 1719 included J.B. Volumier, Johann Georg Pisendel, F.M. Veracini, Christoph Pezold, Pantaleon Hebenstreit, Silvius Leopold Weiss, Jan Dismas Zelenka, P.G. Buffardin and J.C. Richter.
In 1719 Schmidt, who had been made Oberkapellmeister in 1717, wrote a French divertissement Les quatre saisons in a sequence of recitatives, arias, concerted numbers and choruses, suited to the talents of the dilettantes who performed it on 23 September as part of a Festival of Venus on the marriage of Prince Friedrich August of Saxony to the Archduchess Maria Josepha of Austria. This work, the central event in a typical Dresden court festival of August the Strong’s reign, followed the tradition of the 17th-century opéra-ballet. Schmidt was noted by Hiller as a solid composer with a good grasp of counterpoint; but although he lacked exceptional artistic gifts he was not a ‘dry’ or ‘infertile’ composer, as Hiller wrote. J.S. Bach copied out his motet Auf Gott hoffe ich. He ranks as a minor master of his time, clearly handling the musical resources and stylistic conventions of Dresden high Baroque with competence. From 1717 Schmidt and J.D. Heinichen ranked equally as Kapellmeisters of church and chamber music respectively, and divided the orchestral work between them; after Schmidt’s death J.D. Heinichen took over the Protestant church music at the court. Johann Mattheson printed a letter from Schmidt, dated 28 July 1718, in his Critica musica (vii, 1722, p.266), dealing with solmization. Schmidt acted as intermediary in the controversy over the old method, suggesting that solmization should be retained for vocal music but advocating the use of the two ‘French modes, major and minor’ for the ‘stylo moderno’. His pupils included C.G. Schröter, Carl Heinrich Graun and Georg Melchior Hoffmann.
His brother Johann Wolfgang Schmidt (b Hohnstein, November 20, 1677; d Dresden, April 5, 1744) served as copyist at the Dresden court from 1709 and was organist for the Protestant church music there from 1719.
Works
Sacred Vocal
4 masses,
Motets: Auf Gott hoffe ich, 4vv, 4 tpt, timp, 2 fl, 2 vn, 2 vc, bn, org, theorbo; Bonum est confiteri Domino, A, 2 vn, 2 vc, bn, org, 26 Nov 1696; Wo ist solch ein Gott wie du bist, 10vv, 2 vn, 2 vc, org, 1701; motet, vv: all
Cantatas, ?lost: Gott, du bleibest doch mein Gott, 4-5vv, insts; Labe mich durch deines Mundes Kuss, S, org, insts; Lobe den Herrn, meine Seele, 4-5vv, insts; Mein Herz ist bereit, T, org, insts; Schwing dich auf zu deinen Gott, 4-5vv, insts; Sie ist fest gegründet auf den heiligen Bergen, 8vv, org, insts; Zion spricht: der Herr hat mich verlassen, T, B, org, str
Other Works
Les quatre saisons (divertissement, Poisson), solo vv, chorus, 4 tpt, timp, ob, str, bc, Dresden, Grosser Garten, 23 Sept 1719; airs
Latona in Delo
4 ov.-suites
Source: Grove Music Online, © Oxford University Press 2005 (Author: ?)